Was bin ich denn, ohne dich?

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TRIGGER WARNING
Dieser Text beschreibt sehr detailliert Selbstverletzung und einen Suizid.
Proceed with caution.


Dein nächster Todestag rückt immer näher und ich denke oft 'das ist nicht fair', denn bald ist es wieder soweit. Ich würde nicht sagen, ich bin dafür bereit aber immerhin sind es bald schon 4 Jahre und in meinem Kopf sind immernoch so viele Fragen. Seitdem du weg bist fühle ich mich leer. Even if I say 'I don't care', vermisse ich dich von Tag zu Tag mehr.
Dennoch fühle ich mich allein und verlassen vom Rest der Welt und grade denke ich an den Tag in der Klapse damals; Du kommst aus deinem Zimmer, völlig entstellt, überall Schnitte, an den Armen, am Hals, 2 Ärzte zu deiner linken und rechten, bringen dich von der 2 Ost auf die geschlossene. Du schreist und trittst, versuchst dich zu befreien und ich denke nur; ,,das kann doch nicht sein!"
Du versprachst mir, du würdest es nie wieder machen und wir stehen das zusammen durch aber offensichtlich zeigtest du keine Furcht und nun stehe ich da auf Station, schaue dir und den Ärzten hinterher und mir kommen Tränen, mehr und mehr. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Ich höre einen Betreuer aus dem Übergabezimmer sagen ,,Das Maas ist langsam wirklich voll." und ,,Jonas braucht stärkere Medikamente, so geht das hier nicht weiter. Ich glaube ich hole den Leiter unserer Station", aber ich weiß er ist halt nur einer von Millionen.
Wie geht man damit um, oder bleibt man einfach stumm? Denn man kennt das ja, das passiert hier jeden Tag.

Wie soll ein 14 jähriges, depressives Mädchen, den Tod ihres 12 jährigen besten Freundes ertragen, wenn sie es sich nicht mal traut, in die Schule zu wagen?

Ich frage mich oft, wie du dir das vorgestellt hast. Gefunden haben sie dich allein, mit offenen Pulsadern. Wie kann das sein, dass du mir immer sagtest, ,,tu dir nichts" aber was bin ich denn, ohne dich?

Eines kann ich dir sagen; Nach deinem Tod hab ich mir geschworen zu kämpfen, denn ich hätte ja eh nicht den Mut und wer soll denn was verändern, wenn nicht du oder ich, etwa meine Jungs aus andern Ländern? Ich will nur, dass die Leute merken, dass sie mit das Leben anderer in der Hand haben und die Welt kann leuchten in allen Farben aber wenn keiner den ersten Schritt macht, wird dieses Thema für immer nur belacht und alle denken es betrifft sie ja nicht aber irgendwann zeigt jeder sein wahres Gesicht und spätestens dann sollte man merken, das Leben vieler liegt in Scherben und nicht alle wissen damit umzugehen und sehen keinen andern Weg als sich das Leben zu nehmen und wenn es dann einmal passiert, ist jeder gleich schockiert und jeder fragt sich, wieso und warum, aber keiner denkt an die Möglichkeit, dass man dem hätte vorbeugen können aber so ist das eben und dann muss man damit halt Leben.
Vorwürfe mach ich mir schon lange dafür, auch wenn ich weiß es war dein Weg, deine Entscheidung, ich würde nicht denselben gehen. ''I'm too tired to live but I'm too afraid to die'' beschreibt meine Lage recht gut zurzeit. Es gibt noch so viel, was ich dir hätte sagen wollen aber dafür ist es jetzt zu spät, denn dein Weg war Suizid und meiner wird es nicht sein. Egal wie schwer es ist, am Ende des Tunnels ist doch noch ein Licht und irgendwann kommen wieder bessere Zeiten, ich muss mich nur drauf vorbereiten und dann irgendwann seh ich dich wieder und wenn nicht, dann ist das auch okay, denn es war dein Weg den du gehst. Ich wollte dich nur wissen lassen, ich steh inmitten riesen Menschenmassen und dennoch fühl ich mich allein und denke mir; 'Das kann nicht sein' aber alles was mir fehlt bist du. Nicht Mal nachts hab ich meine Ruh, denn ich vermisse dich so fürchterlich und ich hoffe du passt gut auf, auf dich.

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