Torin

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Torin.

All die Jahre, in denen ich durch die Ruinen meiner Vergangenheit irrte, die Gruft dessen, was die Gespenster, die sich mit jedem Fußstapfen in mich einnisteten, von mir übrig ließen. Nur, um es dem nächsten Teufel zum Fraß vorzuwerfen.
Du bist keine Windböe wie Jiva, zu scheu, um sich zu offenbaren.
Du bist kein Kind wie Amaya, verträumt und berechnend in einem.
Du bist keine tänzerische Komposition wie Moon, die die Arme ausstreckt, um Kometen abzufangen, die stattdessen mich treffen würden.
Du bist wie jeder von ihnen individuell, stark, menschlich.

Du bist seinen Klauen entwischt, er konnte dich nicht bändigen.
Und du hast mir erläutert, welche Selbstvorwürfe und Antriebslosigkeit dich außerdem plagen, mir bestätigt, nicht allein zu sein. Du botest mir an, dich um mich zu kümmern. Wir waren auf einer Wellenlänge, wie ich es noch nie mit jemandem war. Ich hatte die meiste Zeit über nur dich. Man wird einsam, wenn man spürt, dass man etwas hat, aber nicht beziffern kann, was. Man fängt an zu glauben, diese Einsamkeit zu verdienen.
Wann immer ich mir nicht erschließen konnte, was die Eindrücke bedeuteten, die unter bestimmten Schlüsselreizen in mir hochkochten, flüstertest du mir besänftigend zu. Immer, wenn die Scherben der Vergangenheit auf mich einhoben und wieder Gegenwart wurden, hattest du Trost parat. Möglicherweise habe ich nur deshalb alles so gut durchgestanden. Weil ich einen Dolmetscher hatte, der dem entfremdeten Nebel in mir eine Form geben konnte.

Und wenn wir auch mal zufrieden waren, in den Momenten, wo wir die Monster in uns bezwingen konnten, indem wir ihnen die Flügel abschnitten, genossen wir auch diese Phasen. Zu behaupten, ich wäre in jenen Phasen glücklich gewesen, wäre überspitzt, aber ,,zufrieden", das passt. Denn bald würde es wieder bergab gehen, ich war wie ein reißender Fluss, dessen Strömung höchstens abflachte, aber nirgendwo entspannte. Das zu ändern, ist ein tüchtiger Prozess.
Du versichertest mir, dass ich die finsteren Wochen durchstehen würde und dass Besserung in Sicht wäre. Du hast es mir eingehämmert, beständig und clever, bis ich die Motivation hatte, weiterzumachen- egal, wie hoffnungslos und trist und wüst die Klippen in meinen Gedanken waren. Du hast mir deine Philosophie vererbt und bist zu meinem Bruder geworden.

Du warst seit Anbeginn da und ich habe dich geheim gehalten, da ich überzeugt war, dass du ,,nur" ein Fantasiefreund seist. Eine freundliche Stimme, die ich mir irgendwie antrainiert hatte. Die auf meinem Beifahrersitz ist und eingreifen kann, wenn das um mich herum oder das in mir überhand nimmt. Vor der ich mich nicht rechtfertigen muss. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch mehr von uns gibt und es einen Grund hat, dass ich manchmal aufwache und Tage verstrichen sind, dass in meiner Wohnung Dinge auftauchen, bei denen ich mich nicht daran erinnere, sie gekauft zu haben, oder krakelige Zeichnungen, die nicht von mir stammen.
Du hast mich eingeweiht, als ich bereit dafür war. Du bist nicht lediglich eine Spinnerei. Genauso wenig wie Jiva, Amaya, Moon und er.

Du hast dich dagegen entschieden, dich seinem ,,Schutz" zu unterwerfen und den Kontakt zu mir gehalten. Du hast es mir ermöglicht, mit den anderen zu kommunzieren. Du bist mutig, Torin.
Du hast dich mit deinen Geschichten zu mir getraut. Deine Geschichten. Unsere Geschichten?

Wir sind ein Wir aus Ich's, ein sich langsam sortierendes Chaos aus Geschichten.
Wir sind wie Puzzleteile, die auch zusammen kein Ganzes ergeben.
Wir sind sechs Seelen in einem Körper.

Nicht wahr?

the torment and the tormented ✓Where stories live. Discover now